Ein Jahr lang wurde die Eishockeyabteilung des TSV Erding nur kommissarisch geführt. Jetzt ist die neue Führungscrew offiziell gewählt worden – ohne Gegenkandidaten und ohne Gegenstimmen.
Der kommissarische Abteilungsleiter Michael Westphal eröffnete die Mitgliederversammlung und übergab das Wort gleich an seinen Vorgänger Rainier Sabus. „Schön, wieder hier zu sein, es ist drei Jahre her, dass wir hier im TSV-Vereinsheim zusammensaßen“, sagte er. „Corona hatte uns zwei Jahre fest im Griff.“
2019 hatte sich die Abteilungsleitung entschlossen, nicht mehr zu kandidieren. „Wir haben eine neue Führungsmannschaft gesucht, aber keine gefunden, also mussten wir unsere Amtsperiode um zwei Jahre verlängern“, stellte Sabus fest. 2021 habe sich das geändert, da habe es sogar zwei Teams gegeben, die sich um die Nachfolge beworben hätten. „Die haben wir dann zusammengebracht und zum 31. März 2021 unsere Ämter niedergelegt.“
Nachdem Sabus noch ein paar Sätze zum finanziellen gesagt hatte (siehe unten), erinnerte er an die Probleme, die die Abteilung beim Umbau der Halle hatte, als man alles räumen musste und keine Bleibe mehr hatte. Sein Dank galt dem FC Schwaig, dass man auf der dortigen Sportanlage trainieren durfte. Den Kontakt hatte Jugendleiterin Claudia Modlmayr hergestellt.
Mit zwei Ausländern, Dominic Canic und Jamie Hill, sei man ein Risiko eingegangen. „Wir waren traurig, dass wir Dominic, eine DNL-Leihgabe vom EV Landshut, wieder ziehen lassen mussten“, meinte Sabus. Die Leistung von Hill sehe er dagegen „differenzierter“. Sportlich habe die Saison sämtliche Erwartungen mit dem Einzug ins Playoff-Halbfinale übertroffen. „Wir haben uns schon so auf die Serie gegen Passau gefreut“, betonte er, „doch zwei Tage vorher wurde die Saison wegen Corona abgebrochen“.
„Chaotisch“ sei dann die Saison 2020/21 verlaufen. Wieder habe man zum Sommertraining zum FC Schwaig ausweichen müssen, die Winter-Saison sei dann relativ früh abgebrochen worden. „Vorausschauend hatten wir in die Spielerverträge Corona-Klauseln eingebaut, und so war die Saison letztlich ein Nullsummen-Spiel“, sagte Sabus. Abschließend bedankte er sich ausdrücklich bei allen Zuschauern, die sich Dauerkarten gekauft hatten, obwohl eine Rückzahlung bei Saisonabbruch ausgeschlossen war, und auch bei den Sponsoren, die das Eishockey trotz Corona unterstützt hätten.
Westphal bedankte sich bei Sabus. „Wie viel Aufwand das ist, das wissen wir inzwischen, das haben wir am eigenen Leib erfahren“, meinte er. Die kommissarische Abteilungsleitung habe „viele Dinge angefasst“ und schnell gemerkt: „Ohne Moos nix los.“ Westphal listete auf, was die Abteilungsleitung alles angestoßen habe, vom neuen Nachwuchskonzept mit Perspektivspielern, über die beiden Fördervereine bis zum früheren Eis, das es 2021 schon ab 23. August gegeben hatte, das aber rund 25 000 Euro extra gekostet habe. Heuer wolle man sogar schon ab 17. August Eis haben. „Wir wollen, dass Erding wieder als Eishockeystadt erstrahlt“, wünschte sich Westphal.
Er sprach danach ein heikles Thema an und berichtete, dass man sich während der Saison vom Hauptamtlichen Nachwuchstrainer Stefan Teufel getrennt habe und hier ein Rechtsstreit anhängig sei. Beide Seiten hätten einen Aufhebungsvertrag geschlossen, Teufel habe die Vereinbarung verletzt, „darum haben wir die fristlose Kündigung ausgesprochen, die Stefan Teufel angefochten hat“, berichtete Westphal. Eine juristische Entscheidung dürfte im Oktober fallen. Somit ist und bleibt Florian Zimmermann der einzige hauptamtliche Nachwuchstrainer. „Wir brauchen im Moment nur einen, denn wir haben so viele Nebenbei-Trainer, die bringen so viel Energie, das ist phänomenal“, schwärmte Vize-Abteilungsleiter Christian Fragner.
Westphal listete noch viele Aktivitäten der Abteilung auf, besonders im Nachwuchsbereich, sowie neue Konzepte und sprach von einem „enormen Mitgliederzuwachs“ um 110 auf 471. Die LED-Wall, die 42 000 Euro gekostet habe, sei über Werbung schon wieder zur Hälfte refinanziert, freute er sich. Der Livestream sei dagegen „nicht so der Burner“. Hier bleibe finanziell kaum etwas hängen, „aber es ist halt ein wichtiger Service“.
Besonders habe er sich über die Drei-Sterne-Zertifizierung des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) gefreut, „nachdem uns vorgeworfen wurde, wir hätten nur die erste Mannschaft im Blick“. Ihm und seiner Crew sei von Anfang an klar gewesen: „Ohne eigenen Nachwuchs geht gar nichts.“ 194 Kinder habe man derzeit im Nachwuchs. „Jedes Kind kostet den Verein im Jahr 1450 Euro, unabhängig von dem, was die Eltern für Ausrüstung und so weiter ausgeben“, listete Westphal auf. „Ich möchte eine Sportart sehen, die so viel Geld ausgibt.“
Abschließend blickt Westphal noch in die Zukunft, was die Abteilung alles für Pläne habe, unter anderem eine zweite Eisfläche – eine reine Trainingshalle. „Das ist durchaus realistisch, aber es ist im Moment noch was zum Träumen“, bekannte er.
Nach dem Kassenbericht von Christoph Mosbauer (siehe unten) übernahm als Wahleiter TSV-Vize Hermann Meilinger die Versammlungsleitung, der enttäuscht darüber war, dass nur 26 Mitglieder anwesend seien und kaum Spieler. „Ihr leistet ganz tolle Arbeit“, sagte er in Richtung der Abteilungsleitung. „Ich habe schon drei Eishockeypleiten hinter mir, aber ihr seid weit davon entfernt. Ich kann jeden Tag ruhig schlafen.“
Bei den Neuwahlen hatte Meilinger diesmal ein ganz leichtes Amt. Die Führungscrew mit Michael Westphal (Abteilungsleiter), Christian Fragner (Stellvertreter), Christoph Mosbauer (Kassier), Kerstin Stetter (Jugendleiterin) und David Whitney (Schriftführer) wurde im Block per Akklamation gewählt – ohne Gegenstimme. „Das ist ein Ergebnis wie in Nordkorea, aber wir nehmen die Wahl an“, meinte Westphal lachend.
Nachdem die Versammlung eine Erhöhung der sogenannten Kioskumlage für Nachwuchseltern von 200 auf 350 Euro beschlossen hatte, bekam der neue Gladiators-Trainer Andy Becher noch die Gelegenheit, sich vorzustellen. „Es war sehr spannend, ich habe viel Hintergrundwissen erhalten“, meinte Becher, den vor allem das Nachwuchskonzept beeindruckt hatte. „Ich komme ja aus dem Nachwuchs und schaue mir auch die eine oder andere Trainingseinheit an.“
Was die kommende Saison betrifft, so habe er festgestellt: „Die Qualität in der Bayernliga steigt enorm.“ Nachdem Becher betont hatte, dass man den Nachwuchs unbedingt für die Erste brauche, beschloss Westphal nach rund 100 Minuten die Versammlung – jetzt aber nicht mehr als kommissarischer, sondern als gewählter Abteilungsleiter.
Kassenberichte
In der Saison 2019/20 habe die Erdinger Eishockeyabteilung ein Minus von rund 16 000 Euro gemacht. „Wenn wir die Halbfinal-Playoffserie gegen Passau hätten spielen dürfen, wären wir vermutlich mit einer schwarzen Null rausgekommen“, sagte der scheidende Abteilungsleiter Rainier Sabus in seinem Rechenschaftsbericht.
Die Saison 2020/21 habe die Abteilung nahezu schuldenfrei überstanden, mit einem Minus von nur 816 Euro, und so habe die alte Abteilungsleitung Rücklagen in Höhe von rund 90 000 Euro an die neue Führung übergeben können.
Umgerechnet auf das Geschäftsjahr habe die Abteilung das Jahr 2019 mit einem Minus von rund 33.000 Euro und das Jahr 2020 mit einem Minus von rund 54.000 Euro (jeweils Stand zum 31.12.) abgeschlossen. Allerdings seien hier die Corona-Hilfen noch nicht berücksichtigt. Diese seien erst 2021 eingetroffen.
Christoph Mosbauer gab den Kassenbericht für die Saison 2021/22. Die Einnahmen hätten hier – inklusive der Corona-Hilfe – rund 525.000 Euro betragen. Die größeren Posten waren (gerundet): Mitgliedsbeiträge (26.500 Euro), Eintrittsgelder (64.000), Trainingslager Nachwuchs (44.000), Kiosk (44.000) und Werbung (166.000 Euro zum 31.12.2021).
Ein Einnahmeposten ließ die Versammlung aufhorchen. Weil der gebürtige Erdinger Valentin Busch 2021 sein 100. DEL-Spiel absolviert hatte (Nürnberg, Wolfsburg, Bietigheim), habe der TSV Erding als Ausbildungsverein eine Prämie in Höhe von 2666 Euro erhalten.
Die Ausgaben haben rund 469.000 Euro betragen, die Gehälter für Spieler und Übungsleiter seien der höchste Posten gewesen mit rund 97.000 Euro. Weitere größere Posten sind: Sozialabgaben (2900), Kiosk Einkauf (22.000), Produktionskosten Werbung (18 000), Schiedsrichter (16 000) Mieten (15 500) und Buskosten (9000). Die Saison sei mit einem Plus von 55 000 Euro abgeschlossen worden, erklärte Mosbauer. „Für ein Corona-Jahr ist es gut gelaufen.“
Text & Fotos von Wolfgang Krzizok (Erdinger Anzeiger)